Was bedeutet Schreibdruck?
Neulich meldete sich eine Kundin bei mir, die mir erzählte, dass regelmäßige Schreibtermine sie unter Druck setzen würden. Sie brauchte mehr Luft, mehr Freiheit für sich. Das habe ich einerseits gut verstanden – andererseits regte sich bei mir auch die Frage: Würde sie es schaffen, an ihrem Buchprojekt dranzubleiben, wenn sie möglicherweise zu lange Schreibpause machte?
Angeregt durch ihre Situation, dachte ich darüber nach: Wie ist das in meinem Autoren-Leben? Denn in der Regel ist es so, dass ich feste Termine mit Verlagen – oder inzwischen auch im Film- und Fernsehbereich – habe. Diese sind gesetzt, weil die Produktion planbar sein muss.
Gleichzeitig soll uns unser Schreib-Plan natürlich nicht einengen, sondern genügend Luft zum Atmen und Inspiriertsein lassen. Kein einfaches Thema, wie du merkst!
Ich möchte darum in diesem Beitrag mit dir teilen, wie ich damit umgehe. Und, wie immer, wünsche ich dir, dass du für dich deinen eigenen sehr gut passenden Weg findest!
Zunächst einmal finde ich es wichtig zu erspüren: Was macht mir überhaupt diesen Druck?
Sind es die festen Termine, die ich mir selbst im Kalender fürs Schreiben eintrage? Oder ist es ein von außen gesetzter Termin, wie z. B. der mit einem Schreibcoach oder einem Verlag? Und was genau stresst mich daran so?
Habe ich möglicherweise Sorge, meinen eigenen Erwartungen nicht gerecht zu werden?
Oder ist es, weil das Commitment zu meinem Projekt auf natürliche Weise auch das Thema Feedback mit sich bringt: Wie wird das sein, wenn andere Lesen, was ich schreibe? Lob oder Kritik können beide Druck auslösen, das dürfen wir nicht unterschätzen. Selbst mir als so vielfache Autorin passiert es, dass ich zu Beginn eines neuen Projekts denke: „Wird es wieder so gut werden wie all die anderen? Wie kann ich es schaffen, die Erwartungen meiner LeserInnen an ein erneut großes Vergnügen zu erfüllen?“
Und bei negativem Feedback, also Kritik (die hoffentlich konstruktiv formuliert ist), heißt es für uns: die Ärmel noch einmal hochkrempeln und ran an den Computer, im schlimmsten Falle für eine komplette Umarbeitung des Manuskripts! Das kann schon sehr entmutigend sein, wie du dir sicher vorstellen kannst.
Schreibdruck als Chance?
Ich selbst sehe es mittlerweile so: Wenn ich mir nicht ein festes Ziel setze, bis wann ein Buch oder die ersten Kapitel fertig sein sollen – dann wird aus meinem Buchprojekt meist nichts. Denn unser Alltag ist in der Regel so gut gefüllt, dass wir unseren Herzensprojekten nur wenige Raum geben können. Es fällt nun mal kein Zeitpaket vom Himmel, das beim Auspacken ruft: „Diese Zeit ist ganz für dich und dein Schreiben!“
Vielmehr müssen wir uns die Zeit fürs Schreiben aktiv nehmen. Und aktiv meint: Wir öffnen unseren Kalender und tragen eine Schreibzeit ein. Ein Date mit uns uns unserer Geschichte oder unserem Ratgeber.
Mir hilft ein gewisser Druck also beim kreativen Arbeiten, er ist mein Motor und mein Antrieb. Denn ein Jahr geht schnell vorbei. Und mein Ziel ist es, pro Jahr mehrere Bücher zu schreiben. Für mich selbst und – als Ghostwriterin – auch für meine KundInnen.
Was passt zu dir?
Probiere mal aus, welcher Schreibtyp du bist: Brauchst du eher eine flexible Herangehensweise? Oder arbeitest du produktiver und kontinuierlicher, wenn du dir pro Woche 3-5 feste Zeiten im Kalender einträgst? Schon ein Date pro Woche ist etwas! Es ist besser als nichts.
Setze dir kleine Ziele
Denke nicht an das ganze Buch, wenn du dich an den Schreibtisch setzt. Unterteile dir den großen „Elefanten“ in Etappen. Eine Salami (natürlich auch eine vegane) wird scheibchenweise gegessen.
Geh den ersten Entwurf locker an
Setze dich nicht unter Druck, sofort perfekte Texte abzuliefern. Dies kann der sichere Tod für ein Projekt sein. Erlaube dir, unperfekt zu beginnen und später zu überarbeiten. Erinnere dich, dass Anne Lammott es den „shitty first draft“ nennt. Dieser Begriff hilft mir bei jedem neuen Buchprojekt dabei, lockerer an die Sache heranzugehen. Wir sind keine Musiker, bei denen gleich die ganze Welt hört, wenn wir einen Ton „vergeigen“. Wir dürfen bearbeiten und bearbeiten und wieder bearbeiten, ehe wir unsere Wörter und Zeilen raus in die Welt schicken. Das ist ein großer Segen!
Erzähle nicht zu früh zu viel
Gerade als Einsteiger in der Buchwelt wollen wir zu Anfang ganz vielen Menschen davon erzählen, dass wir ein Buch schreiben. Achtung, dies kann auch Druck machen. Einen gewissen positiven Druck – denn dann erwartet die Welt auch, dass du dein Buch schreibst und freut sich darauf. Doch es kann auch sein, dass dich dieser Druck übermannt. Belaste dich daher nicht unnötig mit den Erwartungen von außen, sondern erzähle, wenn überhaupt, nur einem kleinen Kreis von deinem „Projekt“.
Gestalte den Schreibprozess freudvoll
Ganz ehrlich: Schreiben ist Arbeit. Ich falle abends meist sehr müde ins Bett, weil die schöpferische Arbeit auf vielen Ebenen fordert. Gestalte dir daher den Weg so freudvoll wie möglich: An einem Ort, der dir gut tut. In Zeitfenstern, die dich fordern, aber nicht überfordern. Mit einem Ziel (Datum), das du möglichst entspannt erreichen kannst. Und vor allem auch: Mit Inhalten, die du gerne schreibst. Niemand mag sich durch ein Buch quälen, kein Leser und auch kein Autor. Wenn du merkst, dass du auf dein eigenes Buch keine Schreib-Lust hast, dann frage dich einmal ehrlich: Warum?
Finde deinen ganz eigenen Weg
Ich hoffe, ich konnte dir vermitteln: Es gibt keinen „richtigen“ oder „falschen“ Umgang mit Schreibdruck. Die wichtigste Erkenntnis für dich ist, herauszufinden, was dir beim Schreiben wirklich hilft – ob du Motivation durch Termine brauchst oder lieber frei und flexibel schreibst.
Mach dir das Schreiben so genussvoll wie möglich. Dann haben auch wir LeserInnen Freude am Lesen deiner Werke!
Ich wünsche dir alles Liebe und viel Freude beim Schreiben – und genau die richtige Menge „Druck“ bzw. Entspannung dabei.