Willkommen zu dieser Veröffentlichung, in der wir über den Shitty First Draft sprechen. Der Begriff Shitty First Draft stammt nicht von mir, sondern von meiner Schreibautorenkollegin Anne Lamott und man könnte ihn übersetzen mit mieser oder schlechter erster Entwurf. Wenn dieser Blogartikel dir nur einen Impuls geben dürfte, dann ist es tatsächlich der, dir den Schreibprozess in zwei Phasen zu unterteilen: in die Phase des ersten Entwurfs und in die Phase oder auch die Phasen der Bearbeitung. Das kann eine Bearbeitungsschleife sein, drei, vier, fünf. Ich selbst schreibe meine Bücher in der Regel vier bis fünf Mal. Jetzt sagst du vielleicht, „Ach du liebe Zeit, schon einmal macht ja wahnsinnig Arbeit.“ Ja, das ist so. Und dennoch stelle ich fest, mit jedem Bearbeitungsgang werden meine Bücher besser und besser. Der amerikanische Bestsellerautor John Irving soll übrigens gesagt haben, seine Bücher werden in der Bearbeitung das, was sie sind und er braucht circa 14 Bearbeitungen. Also bereite dich darauf am besten innerlich schon mal vor.
Der Weg zum Shitty First Draft
Heute wollen wir aber über den Anfang sprechen und das ist der shitty first draft. Der steht am Start aller Dinge und er ist genau was sein Name sagt. Er ist wild, er kann schlecht sein, er ist langweilig, er ist unoriginell, nicht kreativ, noch überhaupt nicht so, wie du ihn haben willst, er wuchert nach allen Seiten, also du könntest ihn wie das Unkrautfeld in deinem Garten betrachten. Und darin liegt seine Schönheit und auch seine Wichtigkeit. Denn wir dürfen dieses Loslassen, dieses freie Schreiben, frei von Ansprüchen, frei von den Gedanken an Lehrerinnen oder Lehrer, die früher mit dem Rotstift unsere Texte korrigiert haben. Wir dürfen das wieder lernen.
Unterteile deinen Schreibprozess
Unterteile für dich deinen Schreibprozess künftig in Phasen und sage dir, heute ist der Tag für den ersten Entwurf oder die nächsten vier bis sechs Wochen sind meine shitty first draft Phase. Und danach beginnt die Bearbeitung. Denn was ist die große Gefahr, wenn du von Anfang an perfekt schreiben willst? Ich vergleiche es mal mit dem Bild von einem Steinmetz, der am Anfang einen sehr groben Klotz hat. Ja, ein Stein oder jemand der Töpfer hat, hat vielleicht Ton, unbearbeiteten, noch weichen, knetbaren Ton. Wenn wir uns zu sehr auf die Details konzentrieren, nehmen wir an, du möchtest eine Figur erschaffen und du konzentrierst dich auf ein Auge. Was passiert? Du hast nach einer Weile, nach Stunden oder Wochen der Arbeit einen groben Klotz vor dir, aus dem ein perfektes Auge heraus starrt.
Schritt für Schritt zum Ziel
Wenn du dagegen sagst, ich gehe mal erst an den groben Umriss, ich gebe diesem ganzen mal die Figur, sagen wir eines Menschen, wenn es eine menschliche Figur werden soll und gebe ihm mal nur die Form von Kopf, Rumpf, Armen, Beinen, Größenverhältnisse und arbeitest dich dann Schicht für Schicht und Schritt für Schritt zu den Details vor, wirst du dein Werk fertigstellen und du wirst viel zufriedener, viel erfüllter damit sein, als wenn du dich von Anfang an an den Details aufgehangen hättest. Michelangelo soll übrigens bei der Erschaffung oder nach der Erschaffung seiner Figur des David gesagt haben, „Ich habe einfach alles weggenommen, was nicht der David war.“ Das finde ich ein wunderschönes und treffendes Bild, weil es eben darum geht zunächst einmal etwas Grobes zu erschaffen und uns Schritt für Schritt zu dem vorzuarbeiten, was wir erschaffen und ausdrücken möchten.
Das möchte ich dir heute mit auf den Weg geben. Den Feinschliff geht es in einem anderen Beitrag. Ich freue mich, wenn du weiter dabei bleibst. Abonnier den Blog, um keine Veröffentlichung zu verpassen. Ja, und spring rein in deinen Shitty First Draft. Lass mich wissen auf den Social Media Kanälen, wie es dir gelungen ist, auch wo es hakt.
Mein Name ist Karen Christine Angermayer und ich freue mich, dich auf deinem Weg zu begleiten. Bis zum nächsten Mal.