Feinschliff: Leg den Finger in die Wunde deines Manuskripts

Heute Morgen habe ich gedacht, in den alten Western, da war alles so einfach. Ich bin ja ein Kind der Mitte der 1970er Jahre und meine Lieblingsserien, waren “Western von gestern” und “Rauchende Colts”. Da war ich dann kaum ins Bett zu kriegen als fünf- oder sechsjährige. Und da gab es meistens diesen alten Doc, der, wenn die Helden verletzt waren, seinen Finger in die Wunde legte und die Geschosse, die Patronen, die Kugeln, tief aus der Wunde pulte, dann die Wunde säuberte, vernähte und so konnte sie wieder heilen.

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Die Wunden in deinen Manuskripten finden

In unseren Manuskripten ist es eben nicht so einfach. Wir wissen oft nicht, wo die Kugel steckt, wie tief sie sozusagen im Fleisch unseres Manuskripts, unseres Texts steckt und wie wir sie wieder rausholen können. Ja, wie wir unser Manuskript so säubern, vernähen und heilen lassen können, dass es wirklich brillant wird.

Viele Autorinnen und Autoren investieren sehr viel Zeit, Stunden, Wochen, Monate und machen eher Schnörkel und Schleifen rund den Text. Sie verändern die Dialoge, sie feilen an einzelnen Wörtern und Sätzen, doch sie bringen im Prinzip das Manuskript nicht wirklich nach vorne. Und wenn du professionelle Autorin oder professioneller Autor sein willst, ist das eine Fähigkeit, die du unbedingt entwickeln solltest: die Fähigkeit, genau hinzuschauen, die Fehler und Schwächen deines Manuskripts zu erkennen und sie auch verändern zu können.

Wenn wir nur auf der Textebene arbeiten und vielleicht dem Verleger oder der Lektorin nichts Neues bieten können, weil wir eigentlich nur Beiwerk geschaffen haben, dann wird unser Manuskript entweder nicht das Licht der Welt erblicken oder es kommt vielleicht raus, weil auch niemand anderem im Herstellungsprozess auffällt, was wir noch nicht geleistet haben und dass wir es nicht wirklich verbessert haben. Aber dann wird ein Buch von dir gedruckt in der Welt erscheinen, was nicht seine volle Strahlkraft hat und nicht sein volles Potenzial ausschöpft.

Gehe tief in die Wunden deines Manuskripts

Ich möchte dich heute einladen, wirklich noch einmal ganz tief deinen Finger in die Wunden deines Manuskripts zu legen. Das hört sich jetzt schmerzhaft an, ich sage es jetzt auch mal bewusst so, weil wenn wir uns nur ganz sanft und zart und rosa bebrillt eben auf der Textebene bewegen, werden wir diese Verbesserung nicht erreichen. Das ist meine persönliche Erfahrung.

Dahinter stecken viele Stunden, Nächte, Wochenenden an Arbeit, an eigenen Manuskripten, wieder und wieder bereit zu sein, die Dinge zu verbessern. Und ich will einen Blick mit dir werfen auf die Ebenen, auf die du schauen kannst. Viele sind sich ja dessen gar nicht bewusst, dass ihr Manuskript aus Ebenen besteht.

 

Die verschiedenen Ebenen eines Manuskripts

  1. Handlung und Plot-Struktur:

Welche Struktur hast du bereits geschaffen? Ist es der Plot, die Abfolge, die du dir auch gewünscht hast? Oder hast du die Zügel zu locker gelassen?

  1. Charakterentwicklung:

Wie entwickeln sich deine Figuren? Von welchem Punkt A und wohin gehen sie? Haben sie sich überhaupt entwickelt?

Auch in einem Ratgeber gibt es Figuren. Das sind deine Leserinnen und Leser! Auch sie entwickeln sich und durchlaufen eine Reise. Sie betreten dein Buch, deine Welt, an einem bestimmten Punkt A. Und sie entwickeln sich weiter, lernen neue Fähigkeiten und Tools für sich, um am Punkt B gestärkt aus deinem Buch wieder herauszutreten.

  1. Dialoge und Sprache:

Diese Ebene kommt für mich tatsächlich eher an einer späteren Stelle. Ich möchte sie hier der Vollständigkeit halber nennen, doch um prägnante Verbesserungen in deinem Buch zu erreichen, sind zunächst andere Punkte wichtiger, wie z. B.:

  1. Thema und Botschaft:

Was möchtest du mit deinem Buch sagen? Schau dir dein Buch unter dieser Brille einmal genau an. Hast du eine Botschaft? Ist es die, die du ausdrücken möchtest?

  1. Pacing und Rhythmus:

Nicht einzelne Kapitel sollten ultra lang sein, andere abgehackt und kurz. Pacing ist wichtig für den Lesefluss.

  1. Emotionale Ebene:

Berührt es, was du schreibst? Berührt es dich als Autorin und Autor, was du da geschrieben hast?

  1. Logik und Stimmigkeit:

Dein Buch sollte stimmig und logisch sein.

Dies waren die wichtigsten Ebenen in Kürze und für deinen guten Überblick. Wie gehst du nun vor?

 

Arbeiten auf der Metaebene

Am besten nimmst du diese Änderungen auf der Metaebene vor. Was heißt Metaebene? Das heißt, du veränderst nicht direkt im Text, sondern du erstellst einen detaillierten Kapitelplan oder auch Szenenplan.

Ich habe das gerade vor einigen Tagen selbst gemacht mit einem Manuskript für einen Krimi, dessen Rohentwurf 290 Seiten hatte. Ich kann dir sagen, ich habe fünf Tage gebraucht, bis ich den Szenenplan erstellt hatte und sauber aufgeschrieben habe, was passiert in Szene 1, 2, 3, 4, 5 und so weiter. Und ich habe gleichzeitig beim Erstellen des Szenenplans gemerkt, wo die Geschichte Schwächen hat.

Das sind die Impulse, die ich dir heute geben wollte. Schreiben bringt es mit sich, dass es Arbeit macht. Es kostet Zeit und Energie. Doch das wirkliche Verbessern eines Manuskripts macht Arbeit. Hier bist du gefragt.

Ich wünsche dir ganz viel Spaß und Flow beim Verbessern deines Manuskripts, beim Legen deiner Finger in die Wunden. Melde dich gerne, wenn du Unterstützung benötigst!

 

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